Herausforderungen von Post-Covid gemeinsam angehen

Das enorme Interesse am ersten Fachtag Post-Covid in Rheinland-Pfalz unterstreicht die hohe Relevanz des Themas: Mehr als 200 Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen kamen gestern in den Räumen der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz im Eltzer Hof in Mainz zusammen. Unter der Überschrift „Wissen teilen, Netzwerke stärken, Perspektiven entwickeln“ gab es wissenschaftliche Fachvorträge zu Diagnostik und Therapie, praktische Erfahrungsberichte, etwa aus den Post-Covid-Ambulanzen, und den Blick auf die Versorgungssituation aus Betroffenensicht. Gleichzeitig bot die Veranstaltung Teilnehmerinnen und Teilnehmern viel Raum für Diskussion, Vernetzung und Austausch. Eine besondere Bereicherung hat die Veranstaltung durch die Beiträge von Prof. Dr. Philipp Wild von der Universitätsmedizin Mainz und der international anerkannten Post-Covid- und ME/CFS-Expertin Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité zu den aktuellen medizinischen Erkenntnissen und deren Anwendung in der Versorgung erfahren.

Ziel: Bestmögliche Versorgung von Menschen mit Post-Covid-Syndrom

„Die Covid-19-Pandemie hat unsere Gesellschaft auf vielerlei Weise verändert und die Folgen stellen uns weiterhin vor große Herausforderungen. So ist und bleibt es der Landesregierung ein besonderes Anliegen, dass Menschen mit Post-Covid-Syndrom möglichst gut geholfen werden kann. Mit der Einrichtung des Runden Tisches Post-Covid hat sich das Land frühzeitig den Herausforderungen gestellt und Verantwortung für die Verbesserung der Situation der Betroffenen übernommen. In enger Abstimmung mit den Partnern des Runden Tisches Post-Covid haben wir viele sinnvolle Maßnahmen auf den Weg gebracht, wie die Einrichtung und Förderung von fünf über das Land verteilten Post-Covid-Ambulanzen und auch die mit dem heutigen Fachtag beginnende Veranstaltungsreihe zu Post-Covid. Mit den Veranstaltungen wollen wir die im Gesundheitswesen tätigen Fachkräfte noch stärker für das Thema sensibilisieren und ihnen aktuelle Erkenntnisse zu diesem Krankheitsbild an die Hand geben, damit die Betroffenen bestmöglich versorgt werden können“, sagte Nicole Steingaß, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit.

Komplexität der Erkrankung erfordert interdisziplinäre Herangehensweise

„Post-Covid ist multifaktoriell und betrifft nicht nur die Lunge, sondern auch das Herz-Kreislauf-System, das Nervensystem und viele andere Bereiche des Körpers. Es ist entscheidend, dass wir diese Komplexität anerkennen und verstehen, um unseren Patientinnen und Patienten in allen Bereichen die bestmögliche Versorgung zu bieten“, verdeutlichte Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Eine „differenzierte Herangehensweise“ sei aufgrund der Vielfalt der Symptome erforderlich: „Wir müssen uns bewusst sein, dass jeder Patient individuell ist, und dass die Behandlung individuell angepasst werden muss. Hierbei ist es unerlässlich, dass wir als Fachleute über unsere Disziplinen hinausblicken und interdisziplinär zusammenarbeiten.“ Der Austausch zwischen den Fachrichtungen sei eminent wichtig, so Dr. Matheis, denn: „Gemeinsam können wir innovative Ansätze entwickeln, die den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht werden.“

Psychologische Faktoren im Blick behalten

„Post-Covid ist eine neuroimmunologische Erkrankung. Doch psychologischen Faktoren kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu: Post-Covid ist eine sehr schwere Krankheit, die es vielen Betroffenen unmöglich macht, ihren bisherigen Alltag fortzuführen, massiv in alle Lebensbereiche eingreift und die Betroffenen auch psychisch schwer belastet. Hier kann psychotherapeutische Unterstützung hilfreich sein. Daher freue ich mich sehr darüber, dass sich so viele Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu einer engen Zusammenarbeit mit den fünf Post-Covid-Ambulanzen bereit erklärt haben und ihr Interesse durch die Teilnahme an unserem Fachtag unter Beweis stellen“, so Sabine Maur, Präsidentin der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz.

Fünf Post-Covid Ambulanzen in Rheinland-Pfalz

Das Angebot der fünf im Land bestehenden Post-Covid Ambulanzen – in Kaiserslautern, Koblenz, Mainz, Trier und Worms – wird sehr gut angenommen. Die Ambulanzen wurden angesichts erkennbarer Versorgungslücken bei einem gleichzeitig hohen Bedarf von den Partnerinnen und Partnern des Runden Tisches Post-Covid ins Leben gerufen. Mit finanzieller Unterstützung des Gesundheitsministeriums konnten die Ambulanzen in 2023 die ersten Patientinnen und Patienten behandeln. Die Post-Covid-Ambulanzen in Rheinland-Pfalz leisten aufgrund ihrer Expertise und ihrer regionalen und teilweise auch überregionalen Vernetzung mit Versorgungs- und Forschungseinrichtungen sowie mit Rehakliniken und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einen wesentlichen Beitrag für eine gute Behandlung von Post-Covid-, Post-Vac- und ME/CFS-Betroffenen mit komplexen Krankheitsbildern.

Fachtag trägt neuestes Wissen ins Land

„Ich bin mehr als positiv überrascht über die große Resonanz auf unseren Fachtag. Damit können wir das Wissen zu der neuen Erkrankung in die Fläche bringen. Die Patientinnen und Patienten werden davon sehr profitieren“, zeigte sich Dr. med. Astrid Weber, Leiterin der Long-Covid Ambulanz in Koblenz, überzeugt. Dr. Weber hat Pionierarbeit auf dem Gebiet der Long-Covid-Behandlung in Rheinland-Pfalz geleistet. In ihrer Praxis haben bereits mehr als 1.100 Betroffene Hilfe gesucht. Jeden Monat kommen rund 35 Menschen neu dazu, deren in der Hausarztpraxis gestellte Verdachtsdiagnose mithilfe eines interdisziplinären Netzwerks überprüft wird, um dann geeignete Behandlungsansätze für sie zu finden.

Systematische Datenerfassung und -auswertung

Auf dem Fachtag vorgestellt wurde ebenfalls das neue Projekt „Surveillance zur Therapie des Post-COVID Syndroms (TheraSurv Post-COVID)“. Mit Hilfe der dadurch generierten wissenschaftlichen Daten soll Ärztinnen und Ärzten eine bessere Grundlage für ihre Therapieentscheidungen bei der Post-Covid-Versorgung gegeben werden. Im Zuge dieses von der Universitätsmedizin Mainz, durch Prof. Dr. Philipp Wild entwickelten und vom Land geförderten Projektes sollen in den nächsten Jahren Behandlungsfälle der rheinland-pfälzischen Post-Covid-Ambulanzen systematisch erfasst und ausgewertet werden. Die Ambulanzen erwarten sich dadurch eine wertvolle Unterstützung ihrer Arbeit.

Essenziell: Die Perspektive von Betroffenen

Beleuchtet wurde auch die Versorgungssituation aus der Betroffenenperspektive, um für die Lebensrealitäten der Erkrankten zu sensibilisieren und Lösungen zu entwickeln, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse und Erfahrungen abgestimmt sind. „Post-Covid, Post-Vac und ME/CFS sind Erkrankungen, die seit Jahren unzureichend versorgt werden. Es ist entscheidend, dass Betroffene involviert und gehört werden, daher freue ich mich, ihnen eine Stimme geben zu können. Die Selbsthilfe ist ein essenzieller Pfeiler im Gesundheitswesen, doch nur durch Zusammenarbeit und Vernetzung aller Akteure können wir eine bedarfsgerechte Versorgung sicherstellen. Gleichzeitig ist Forschung unerlässlich, um langfristig bessere Perspektiven für Erkrankte zu schaffen“, erklärte Johanna Theobald, die als ehemals Selbstbetroffene im Sommer 2022 die Selbsthilfegruppe Long Covid Mainz gegründet hat und sich zwischenzeitlich auch bundesweit engagiert.

Weitere Veranstaltungen und Informationen zu Post-Covid

Der Fachtag bildete den Auftakt zu einer Reihe von Online-Folgeveranstaltungen. In fachspezifischen Angeboten werden im Jahresverlauf praxisorientierte Ansätze aufgegriffen und weiter vertieft. Dadurch können individuelle Fragestellungen, berufsgruppenspezifische Perspektiven und praxisorientierte Lösungen fokussiert und weiterentwickelt werden. Zudem wird es auch ein Veranstaltungsangebot für Betroffene geben.

Ausführliche Informationen, etwa zu den Post-Covid-Ambulanzen, gibt es auf der Internetseite www.postcovid-rlp.de. Dort finden Betroffene und Angehörige zudem umfangreiche Informationen zu aktuellen Entwicklungen, Unterstützungsmöglichkeiten und Anlaufstellen in Rheinland-Pfalz. Zusammengestellt und veröffentlicht wurde das Informationsangebot durch die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) als aktive Partnerorganisation des Runden Tisches Post-Covid.

Die Vorträge des Fachtags wurden aufgezeichnet und werden in Kürze online über www.postcovid-rlp.de verfügbar sein.

Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft und Gesundheit, 27. März 2025

Ein Monitor, auf dem ein Hinweis auf den Fachtag Post-Covid hingewiesen wird
Fachtag 2025 in Mainz
Organisatorinnen, Referentinnen und Referenten des Fachtags Post-Covid 2025 in Mainz
V.l.n.r.: Susanne Herbel-Hilgert, LZG; Dr. Albrecht Winkler, Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit RLP; Dr. Astrid Weber, Post-Covid-Ambulanz Koblenz; Karin Ritter, NichtGenesenKids e.V.; Nicole Steingaß, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit RLP; Sabine Maur, LandesPsychoTherapeutenkammer RLP; Dr. Günther Matheis, Landesärztekammer; Johanna Theobald, Selbsthilfegruppe Mainz
Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer, begrüßt die Teilnehmenden des Post-Covid-Fachtags 2025 in Mainz
Begrüßung durch Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer RLP
Staatssekretärin Nicole Steingaß begrüßt die Teilnehmenden des Post-Covid-Fachtags 2025 in Mainz
Grußwort Nicole Steingaß, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit RLP
Prof. Dr. Philipp Wild, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin Mainz, auf dem Fachtag Post-Covid 2025 in Mainz
Prof. Dr. Philipp Wild, Zentrum für Kardiologie, Universitätsmedizin Mainz
Sabine Maur und Dr. Astrid Weber auf dem Fachtag Post-Covid 2025 in Mainz
Sabine Maur und Dr. Astrid Weber
Ein Projekt der
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Gefördert durch
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Unterstützt durch Vertreterinnen und Vertreter des Runden Tisches Post-Covid Rheinland-Pfalz